Diagnostik und Therapiekonzepte von Autoimmunerkrankungen sind in der Schulmedizin stets symptomorientiert. Die Behandlungsstrategie mit Cortison und anderen Immunsuppresiva bringt zwar oft schnelle Linderung, jedoch wird die zugrunde liegende Ursache damit nie behoben. Hinzu kommen die unerwünschten Nebenwirkungen. Die Traditionelle Chinesische Medizin hingegen legt den Fokus bei der Diagnosestellung und Behandlung auf die Krankheitsursache. Ihr Behandlungsziel ist es, das Immunsystem durch Kräuterarzneimittel, Akupunktur und Fünf-Elemente-Ernährung zu stärken und alle Organsysteme entsprechend der fünf Wandlungsphasen (WP) wieder in die Balance zu bringen. Wer sich für diese sanfte Alternative entscheidet, braucht zu Beginn allerdings etwas Geduld, denn chinesische Kräuterarzneimittel und Akupunktur wirken etwas langsamer als chemische Pillen. Dafür ist der Effekt aber nachhaltig und die Methoden des fernöstlichen Heilsystems haben im wahrsten Sinne des Wortes schon vielen Millionen von Menschen geholfen.
Um Autoimmunerkrankungen aus Sicht der Traditionellen Chinesischen Medizin zu verstehen, müssen wir uns jedoch zunächst mit ein paar Grundlagen beschäftigen.
Yin und Yang
Dem Yin werden alle geformten Substanzen unseres Körpers, also die Struktur zugeordnet. Dazu gehören die Organe, Gewebe, Zellen und Körperflüssigkeiten. Die physiologischen Funktionen wie zum Beispiel Herzschlag, Wärmeproduktion und Atmung entsprechen dem Yang. Das Yang entspringt aus dem Yin. Für Gesundheit und langes Leben benötigen wir ausreichende Yin-Reserven, die im Gleichgewicht zum Yang stehen.
Ohne Yin (Funktionsgewebe) gibt es keine Quelle für Yang (Funktion) – ohne Yang wäre Yin nur leblose Substanz. Yin und Yang sind miteinander verbunden. In dem Moment wo sie sich voneinander trennen, endet das Leben und der Tod tritt ein.
Im Laufe unseres Lebens verbrauchen sich unsere Yin-Reserven allmählich und durch verschiedene Einflüsse können sie schon vorzeitig geschädigt werden. Yin-Mangel kann folgende Ursachen haben:
- Erblich bedingt schwache Konstitution
- Altersbedingt
- Einwirkung von Giftstoffen (Pestizide, Schwermetalle, Impfungen)
- Mangel- oder Fehlernährung, schädliche Zusatzstoffe in Lebensmitteln
- Nach schweren Infekten
- Chronisch latente Entzündungen (Diabetes, Übergewicht, nicht-sanierte Zahnherde)
- Überarbeitung, exzessiver Sport
- Emotionale Ungleichgewichte
Yin-Mangel bei Autoimmunerkrankungen
Für die Entwicklung von Autoimmunerkrankungen spielt Yin-Mangel eine zentrale Rolle, denn Yin-Mangel führt zu Gewebedegeneration und Apoptose (programmiertem Zelltod). Außerdem kommt es zu Qi-Schwäche (Energiemangel), Yang-Mangel (Funktionsverlust) und Xue-Stase (blockierte Mikrozirkulation), was zu einer erhöhten Anfälligkeit des Körpers für verschiedene Störeinflüsse führt.
Xue-Stase bei Autoimmunerkrankungen
Der chinesische Blutbegriff Xue umfasst deutlich mehr als das westliche Konzept von Blut, was sich hauptsächlich auf den Transport von Sauerstoff, Nährstoffen und die Blutgerinnung beschränkt. Die speziellen Aspekte von Xue im TCM-Modell sind:
- Xue erzeugt Qi (Energie)
- 2. Qi bewegt Xue
- Xue wärmt den Körper
- Xue befeuchtet die Strukturen
- Xue stellt Bauenergie bereit
- Xue hat eine auflösende Funktion (zum Beispiel bei Hämatomen oder Gewebsverhärtungen)
- Xue beheimatet das Shen (Geist)
Das Xue ist Bestandteil des Funktionskreises (FK) Leber und der FK Leber sorgt für weichen Qi-Fluss in den Meridianen. Aber auch die FK Herz, FK Lunge und FK Niere haben einen engen Bezug zum Xue.
Xue-Mangel tritt bei Autoimmunerkrankungen als Folge von Immunreaktionen auf und kann den Krankheitsprozess beschleunigen.
Hitze bei Autoimmunerkrankungen
Bei jeder Autoimmunerkrankung kommt es durch Aktivierung des Immunprozesses zu
generalisierter Steigerung der Mikrozirkulation, was in der TCM als Calor (Hitze) bezeichnet wird. Das entspricht dem schulmedizinischen Konzept von Entzündung,
Ansammlung von Schleim-Feuchtigkeit bei Autoimmunerkrankungen
Wie bei allen anderen Erkrankungen auch, versucht die Wandlungsphase Erde Ungleichgewichte innerhalb der fünf Wandlungsphasen auszubalancieren. Der FK Milz reguliert den Stoffwechsel und sorgt dafür, dass „das Klare nach oben und das Trübe nach unten geleitet wird“. Wenn die WP Erde im Verlauf einer Autoimmunerkrankung überfordert ist, kann es daher zu Ansammlung von Schleim-Feuchtigkeit und Flüssigkeit kommen.
Hashimoto-Thyreoiditis
Bei der Hashimoto-Thyreoiditis handelt es sich um eine Autoimmunerkrankung, die die Schilddrüse zerstört und vor allem bei Frauen in jüngerem und mittlerem Lebensalter auftritt.
Die Schilddrüse (Glandula thyreoidea) produziert die beiden Hormone Trijodthyronin (T3) und Thyroxin (T4), die starken Einfluss auf die Regulation des Stoffwechsels, die Körpertemperatur, die Herzfrequenz und unsere psychische Verfassung haben. Eine gesunde Schilddrüse schüttet auch die Vorstufen Monojodthyrosin (T1) und Diiodthyronin (T2) aus.
Gesteuert wird die Schilddrüse über die Hypophyse (Hirnanhangsdrüse), die das Thyreoidea-stimulierende Hormon (TSH) ausschüttet. Ist die Schilddrüsenaktivität erhöht und damit auch die Produktion von T3 und T4 , bringt die Hypophyse weniger TSH in Umlauf. Andersherum steigt die TSH-Ausschüttung, wenn die T3- und T4-Produktion der Schilddrüse absinkt. Im Normalfall sind alle Hormone in einem gleichmäßigen Verhältnis im Blut nachweisbar.
Bei einer Hashimoto-Thyreoiditis produziert das Immunsystem Antikörper gegen das Enzym
thyreoidale Peroxidase (TPO-AK) und gegen Thyreoglobulin (Tg-AK), die im Blut nachweisbar sind. Es kommt zur Entzündung der Schilddrüsenzellen. Aktivierte Lymphozyten (weiße Blutkörperchen) infiltrieren die Schilddrüse und es kommt zu einer lokalen Entzündung. In Folge wird der Apoptosemechanismus (programmierter Zelltod) aktiviert und die Schilddrüse wird zerstört. Durch Steigerung der TSH-Ausschüttung versucht die Hypophyse in Folge die Schilddrüse vermehrt zu stimulieren. Dadurch kann es zur Vergrößerung der Schilddrüse mit Kropfbildung kommen.
Die schulmedizinische Hashimoto-Therapie beschränkt sich bislang auf Substitution von T4, das dann im Körper zum Teil in die aktive Form T3 umgewandelt wird. Erst in den letzten Jahren wurde begonnen, die Funktion und Wirkungsweise von den Hormonvorstufen T1 und T2 zu untersuchen. Die fehlende Substitution von T1, T2 und T3 erklärt, warum viele Patienten mit Hashimoto-Thyreoiditis weiterhin erschöpft sind und Probleme mit Glucosetoleranz, Insulinresistenz und Übergewicht haben. Leider fokussiert sich die Schulmedizin allein auf die Laborwerte anstatt sich um die Linderung der Beschwerden der Patienten zu kümmern.
Die betroffenen Funktionskreise
Das Organ Schilddrüse ist in der Traditionellen Chinesischen Medizin nicht definiert. Die Schilddrüsenfunktionen nach westlichem Modell werden von vier verschiedenen Funktionskreisen übernommen, die fein aufeinander abgestimmt sind.
Der FK Niere stellt Yin (strukturellen Ressourcen) bereit. Der FK Milz-Pankreas reguliert Resorption und Umwandlung der Nahrungsessenz und produziert das Qi (Lebensenergie). Der FK Dreifach-Erwärmer ist für die Verteilung von Körperflüssigkeiten und die Wärmeregulation unseres Körpers zuständig. Der FK Leber speichert das Blut und sorgt für einen harmonischen Xue-Fluss (Mikrozirkulation).
Bei der Hashimoto-Thyreoiditis kommt es zu einer Entzündung, wodurch das Yin (Schilddrüsengewebe) allmählich zerstört wird. In Folge sinkt die Hormonproduktion von T3 und T4. Es kommt zu einer Schilddrüsenunterfunktion mit Milz-Pankreas-Qi-Schwäche, der Patient ist erschöpft, müde und friert. Auch Konzentrationsstörungen können auftreten. Durch Überforderung der WP Erde kann es zu Flüssigkeitsretention mit Ödemen und Schweregefühl des Körpers kommen.
Durch den Yang-Mangel (Funktionsmangel) leidet der Betroffene unter Kälteempfindlichkeit, gebremstem Stoffwechsel mit Gewichtszunahme und depressiver Verstimmung. Die Umwandlung von Nahrungsessenzen wird durch das geschwächte Milz-Qi verzögert, wodurch es zu Ansammlungen im mittleren Erwärmer kommt. In Folge kann auch der Qi-Fluss im FK Leber reduziert werden und es kommt zu einer Xue-Stase. Durch die Xue-Stase kann es zu einem unangenehmen Gefühl im Hals bis hin zur Schwellung (Struma) kommen. Da auch die Haare dem Xue zugeordnet werden, leiden einige Patienten zusätzlich unter Haarausfall.
Behandlungsansätze der TCM bei Hashimoto Das primäre Therapieprinzip besteht in der Stärkung des FK Milz und je nach individuellen Befund auch Stützung des Leber-Qi, Regulierung der Xue-Stase und Nährung des Nieren-Yin. Bei stark eingeschränkter Schilddrüsenfunktion sei aber ausdrücklich davor gewarnt, eine eventuelle bestehende Medikation mit L-Thyroxin abrupt abzusetzen! Eine sinnvolle Strategie ist es, die bestehende Medikation zunächst mit Traditioneller Chinesischer Medizin zu ergänzen, um dann im Verlauf L-Thyroxin allmählich reduzieren zu können. Als Alternative zu L-Thyroxin kann auch die Umstellung auf das natürliche Schilddrüsenhormonpräparat Thyreogland aus Schilddrüsenextrakt vom Schwein in Erwägung gezogen werden, da dies zusätzlich zu T4 auch T1, T2 und T3 enthält. Davon profitieren vor allem Patienten, die sich trotz perfekt eingestellter Laborwerte krank fühlen und unter therapieresistentem Übergewicht leiden.
Akupunktur – TCM-Arzneitherapie – Mikronährstofftherapie – Ernährungstherapie – Stressreduktion
Psoriasis
Bei der Psoriasis, umgangssprachlich Schuppenflechte, handelt es sich um eine chronisch entzündliche Hauterkrankung mit rundlich geröteten schuppigen Stellen und wasserförmigen schuppigen Flecken auf der Haut. Sie tritt vor allem an den Streckseiten der großen Gelenke auf, kann aber auch den Rumpf, auf der behaarten Kopfhaut, Genitalregion und Finger- und Fußnägel betreffen. Aus Sicht der Schulmedizin handelt es sich um eine Immunfunktionsstörung unbekannter Ätiologie, für die es eine genetische Veranlagung gibt und bei der emotionale Ungleichgewichte eine Rolle spielen. Bei Psoriasis bewegen sich aktivierte T-Zellen zur Haut, was zur Freisetzung von Zytokinen führt. Während ein Reproduktionszyklus vom Heranwachsen der Hautzellen bis zur Abstoßung von der Oberfläche bei gesunder Haut etwa 28 – 30 Tage dauert, reifen die Hautzellen bei Psoriasis innerhalb von 3 – 6 Tagen heran, bewegen sich zur Hautoberfläche und werden aber nicht abgestoßen. Stattdessen häufen sich die Zellen lokal an und verursachen die sichtbaren typischen Hautläsionen.
Im TCM-Modell ist bei Psoriasis der Austausch von Säften und Xue von innen nach außen blockiert –die einzelnen Symptome lassen sich wie folgt zuordnen:
- Schuppung: Yin-Schwäche
- Rötung: Hitzebildung, Lebersymptomatik
- Hautspannen: Äußeres Pathogen Kälte auf der Oberfläche
- Scharfer Übergang von geröteten und blassen Hautarealen: Xue-Stase
- Juckreiz: Äußeres Pathogen Wind, Lebersymptomatik
- „Ausspitzphänomen des blutigen Taus“ (Bildung von kleinen Sekrettröpfchen): Xue-Stase
- „Symptom des letzten Häutchens“ (sehr dünne Haut): Yin-Schwäche
- Hautverdickung mit honiggelben Exsudaten: Feuchtigkeit und Schleim
Behandlungsansätze der TCM bei Psoriasis
Das Therapieprinzip besteht in der Ergänzung, Kühlung und Bewegung des Xue an der Oberfläche und Ausleitung der äußeren Pathogene Wind und Kälte, die die Oberfläche blockieren. Außerdem muss das Lungen-Yin gestützt werden. Krankmachende Emotionen wie unterdrückte Aggression und Stress sollten gelöst werden. Dabei können Ausdauersport und Entspannungsverfahren wie Qigong und Yoga helfen.
kupunktur – TCM-Arzneitherapie – Mikronährstofftherapie – Ernährungstherapie – Stressreduktion
Ernährung bei Autoimmunerkrankungen
Die Ernährung hat auch bei Autoimmunerkrankungen einen großen Stellenwert für die Prophylaxe und Therapie. Der berühmte Arzt Sum Simiao (um 650 vor Christus) empfahl in seinem Werk „Rezepturen, die 1000 Goldstücke wert sind“, erst dann Arzneimittel einzusetzen, wenn die Ernährungstherapie keine Heilung bringt. Grundregeln…
Den kompletten Artikel können Sie in der Zeitschrift „Raum & Zeit“ lesen: